Viele Mißverständnisse, Konflikte und Beziehungsprobleme können allein dadurch entstehen, wenn eine Person Erwartungen hat, sie jedoch nicht ausspricht. Wie das Wort schon aussagt, erwarten wir oder warten wir auf die unausgesprochene Erwartung.

Erwartungen umwandeln in Ziele, Wünsche oder Forderungen

Eine Erwartung sollte ausgesprochen werden. Am besten als Wunsch, Forderung oder Ziel, damit es nicht zum „Gedankenlesen“ kommt. Es ist genau zu unterscheiden, ob eine Erwartung als Wunsch oder als Forderung vorliegt. Eine Forderung zieht bei Nichterfüllung eine Konsequenz nach sich, ein Wunsch nicht. Bei einem Wunsch kann das Gegenüber entscheiden, ob er ihn erfüllen will oder nicht.

Oft formulieren Führungskräfte Aufgaben als Wunsch, obwohl sie eine Forderung meinen, da eine Konsequenz dahinter liegt. Hier geht es darum, klarer zu werden!

Erwartungen und Gedankenlesen

Wenn wir „Gedankenlesen“, ziehen wir Schlussfolgerungen, ohne es genau wissen zu können. Daraus können Konflikte entstehen. Gedankenlesen liegt dann vor, wenn:

  • jemand meint, genau zu wissen, was ein anderer denkt (z. B.: „Er war sauer. Sie wollte es nicht zugeben“),
  • jemand meint, der andere müsse Gedanken lesen können. (z. B.: „Du müsstest doch wissen, dass ich das nicht mag“)

Beispiele:

  • „Ihr ist doch bekannt, dass sie mich damit ärgert!“
  • „Mir ist klar, dass er meine Idee nicht gut finden wird.“
  • „Warum kannst du mich nicht endlich mal ernst nehmen!“
  • „Jeder denkt, dass ich zu viel Zeit brauche.“

Hilfreiche Fragen sind:

  • Wie merken Sie genau, dass es ihr bekannt ist?
  • Was genau lässt Sie wissen, dass er Ihre Idee nicht gut finden wird?
  • Woraus schließt du, dass ich dich nicht ernst nehme
  • Woher wissen Sie, was jeder denkt?

Präzisionsfragen, damit das Gedankenlesen aufgelöst wird:

Wie oder woher weisst du das?
Was genau lässt dich wissen, dass…?
Was nimmst du wahr, das dich wissen lässt, dass … ?

Beispiel unerfüllte Erwartungen in der Mediation

In einer Mediation stellte sich heraus, dass es zu einem Konflikt zwischen einer Teamleiterin und deren Mitarbeiterin kam, weil die Mitarbeiterin eine Erwartung (Anerkennung) an die Teamleiterin hatte, die diese nicht kannte und auch nicht erfüllte.

Die Teamleitern war zwei Wochen im Urlaub. Die Mitarbeiterin war erst für zwei Monate im Team und beiden war klar, dass die Mitarbeiterin noch nicht alle Aufgaben voll erfüllen konnte. Sie arbeitete jedoch so gut, dass keine größeren Fehler entstanden. Als sich die Teamleiterin an ihrem ersten Arbeitstag nach dem Urlaub voll in ihre Arbeit stürzte und nicht der Mitarbeiterin für ihre Arbeit in der Urlaubszeit Anerkennung entgegenbrachte, fühlte sich die Mitarbeiterin schlecht. Seitdem war es zwischen beiden nicht mehr gut.

Die Schwierigkeit in der Mediation war, diese erste Systemgesetzverletzung herauszufinden, denn keiner hatte aktiv eine Verletzung erzeugt. Meine Intuition konnte ich dort nutzen und die Idee der unerfüllten und unausgesprochenen Erwartung war genau richtig.

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