Das Kommunikationsmodell Bischop ist eine Erweiterung des Eisbergmodells. Zu den beiden Kommunikationsebenen, Sach- und Beziehungsebene (vgl. Watzlawik: Kommunikationstheorie) habe ich noch eine dritte hinzugefügt: die Systemgesetzebene.

Kommunikationsmodell Bischop als Hausmodell

Die Systemgesetzebene als Fundament der Kommunikationsebenen – das Kommunikationsmodell Bischop

Sie ist das Fundament im Kommunikationsmodell Bischop. Diese Ebene entscheidet darüber, ob die Beziehungs- und Sachebenen funktionieren und stabil sein können. Ähnlich wie ein Haus, das ein solides Fundament benötigt, um darauf die Stockwerke setzen zu können.

Gleichzeitig ist es zur Bearbeitung von Konflikten im Coaching, der Mediation, der Führung und der Unternehmensnachfolge sehr hilfreich, diese dritte Ebene zu nutzen, denn die meisten Menschen wollen sich in einem Konflikt nicht die Beziehungsebene anschauen. Einerseits haben die meisten davor Angst und andererseits ist es normalerweise gar nicht hilfreich, denn die Ursache liegt im Fundament.

Genauso wenig ist es sinnvoll, ein schadhaftes Dach zu reparieren, wenn nicht vorher die Ursache dafür aufgedeckt wurde. Denn die Ursache für Konflikte ist meiner Erfahrung nach zu 99 Prozent auf der Systemgesetzebene zu finden, also im Fundament.

Kommunikationsmodell Bischop Überblick

 

 

Die drei Lösungs- und Kommunikationsebenen im Kommunikationsmodell Bischop

Pfeilrichtungen / Wirkungen im Kommunikationsmodell Bischop

Die Pfeilrichtung von der Systemgesetzebene zur Sachebene bedeutet: Die dicken Pfeile von der Systemgesetzebene zur Beziehungs- und dann zur Sachebene auf der linken Seite in der Abbildung sollen die Wirkung verdeutlichen. Verletzungen auf der Systemgesetzebene wirken sich negativ auf die Beziehungsebene aus und erschweren die Zusammenarbeit auf der Sachebene. Unlösbare Konflikte zeigen sich dann auf der Sachebene, und die Positionen sind verhärtet. Dadurch können aber auch wieder Verletzungen oder negative Auswirkungen von der Sachebene zur Beziehungs- und Systemgesetzebene erfolgen, dargestellt durch die von oben nach unten verlaufenden dünnen Pfeile.

Pfeilrichtung von der positiven Absicht zur negativen Auswirkung: Auf der rechten Seite in der Abbildung finden Sie eine Erklärung dafür, wieso es  zu Systemgesetzverletzungen kommt, ohne dass dieses beabsichtigt war oder ist. Denn viele Menschen, seien es Ehepaare oder Geschäftspartner, fragen sich, warum sich ihre vorher gute Beziehung verschlechtert hat. Früher konnten sie ihre Konflikte noch selbst lösen, da stimmte die Beziehung noch.

Es ist sinnvoll, davon auszugehen, dass jeder Mensch in jedem Moment das Beste für sich tut, was ihm gerade möglich ist. Also hat er in seinem Handeln oder Verhalten, was sich oft  ̶  aber nicht nur  ̶  auf der Sachebene zeigt, eine positive Absicht für sich selbst.

Daneben gibt es auch noch die positive Absicht für das Gegenüber, d. h. das Beste für das Gegenüber zu wollen.

Wenn diese positiven Absichten, egal ob für sich selbst oder für den anderen, nicht ausgesprochen werden, so kommt es oft zu negativen Auswirkungen auf der Systemgesetzebene. Meistens ist dem Verursacher, demjenigen mit der positiven Absicht, diese Verletzung nicht bewusst.

Positive Absichten im Handeln können negative Auswirkungen haben und führen häufig zu verletzten Gefühlen auf der Systemgesetzebene.

Zwei Beispiele sollen dieses verdeutlichen:

Beispiel 1: Im Straßenverkehr drängelt sich jemand vor.

Sachebene – positive Absicht: Der Vordrängler macht für sich das Beste, weil er beispielsweise schnell zu einem Termin muss und schon spät dran ist. Normalerweise hat er nicht die Absicht, dass sich der Autofahrer, dem er sich vorgedrängelt hat, schlecht fühlt.

Systemgesetzebene – negative Auswirkung: Der Autofahrer, dem vorgedrängelt wurde, fühlt sich nicht respektiert, und als Folge davon fühlt er sich schlecht und wird wütend. Hebt der Vordrängler nicht die Hand als Zeichen der Anerkennung, so werden sich die Beziehungs- und Sachebene verschlechtern und der verletzte Autofahrer wird eventuell Gas geben und sich selbst vordrängeln und damit den ersten Vordrängler verletzen. So fängt die Schleife der Verletzungen an, die immer weiter eskalieren kann.

Lösung: Dem Vordrängler ist die mögliche Gefühlsauswirkung beim Vorgedrängelten bekannt, denn ihm hat sich auch schon mal jemand vorgedrängelt. Er kennt also das Basisgefühl des sich Schlechtfühlens und des Ärgers/der Wut.

Deshalb hebt der Vordrängler sofort mit der richtigen inneren Haltung seine Hand als Zeichen für: „Es war nicht meine Absicht, es tut mir leid, falls du dich schlecht fühlst. Ich übernehme dafür die Verantwortung, d.h. ich nehme auch Wut von dir.“ Dadurch löst sich normalerweise das verletzte Gefühl und die Wut auf und die Situation deeskaliert.

Hierdurch erkennt er die Systemgesetze und auch die Verletzung an, so dass sich  normalerweise das verletzte Gefühl auflöst und die Wut und die Situation deeskaliert. Dies geschieht, ohne dass der (zuvor) verletzte Autofahrer die positive Absicht des anderen, also den Grund dafür, dass er sich vorgedrängelt hat, kennt. Hieran sehen Sie, dass es nicht nötig ist, die positiven Absichten zu wissen, sondern nur, dass die Systemgesetze anerkannt und die Verletzungen gesehen und aufgelöst werden.

Teilt der Vordrängler jedoch seine Gründe mit, z. B. dass er schnell zu einem Termin muss, der ganz wichtig ist, so wird oft die Auflösung der Verletzung wieder rückgängig gemacht, da Sie sich vielleicht sagen: „Als wenn ich nicht auch schnell nach Hause oder zu einen Termin will /muss.“

Die Erklärung der positiven Absichten kommt eher als Rechtfertigung an und ist nicht hilfreich für die Auflösung von Verletzungen auf der Systemgesetzebene.

Da im Straßenverkehr nicht die „Warum hast du das gemacht?“-Frage gestellt werden kann, holt man sich so auch keine Erklärung bzw. Rechtfertigung für das Verhalten ab. Deshalb lösen sich solche Systemgesetzverletzungen nur durch das „Hand heben“ ohne Rechtfertigung wieder auf.

Beispiel 2 Paarmediation: „Ich wollte nie einen Mann aus dem Osten, der bei der Marine ist“.

In einer Paarmediation (Ehepaar mit Kind) stellte sich heraus, dass die erste Verletzung dadurch entstand, dass die Partnerin zum Partner in der zweiten Woche nach dem Kennenlernen sagte: „Ich wollte nie einen Mann, der aus dem Osten kommt und bei der Marine ist.“ Ihr Partner kam aus dem Osten und war zur damaligen Zeit bei der Marine angestellt.

Sachebene – positive Absicht: Die Frau wollte ihm dadurch deutlich machen, dass er trotzdem der Auserwählte ist und wie stark sie ihn liebt.

Systemgesetzebene – negative Auswirkung: Der Mann hatte zum damaligen Zeitpunkt die positive Absicht der Frau nicht verstanden und fühlte sich verletzt. „Will sie mich wirklich? Wieso sagt sie so etwas?“, waren seine Gedanken. Er hatte durch seine rosarote Brille auch nicht den Mut, ihr diese Fragen zu stellen, wodurch die Systemgesetzverletzung nicht sofort geklärt wurde und weiter wirkte.

Am anderen Tag führen beide gemeinsam Auto, wo er eine Stunde nicht mit ihr sprach. Das war für die Partnerin die erste Verletzung.

So fing die Schleife der Verletzungen an, die immer weiter eskalierte.

Lösung: Der Partner konnte der Partnerin sagen: „Deine Aussage – keinen aus dem Osten und bei der Marine – hat bei mir Bauchschmerzen ausgelöst.“ Die Partnerin war darüber erschrocken, denn sie hatte es ja mit ihrer Aussage gut gemeint. Sie konnte sein Leid anerkennen und dadurch löste sich seine erste Verletzung auf.

Daraufhin konnten beide sich vorstellen, dass er bei der Autofahrt nicht eine Stunde geschwiegen, sondern wie in den Tagen davor sich mit ihr unterhalten hätte. Er konnte dann ihre verletzten Gefühle anerkennen, die ihm leid taten.

So gingen wir jeweils mit der neuen Vorstellung (die nächste Systemgesetzverletzung wäre nicht passiert sondern es wäre gut gewesen) zur nächsten Systemgesetzverletzung (meistens abwechselnd) und konnten so alle größeren Verletzungen der letzten sieben Jahre auflösen.

kommunikationsmodell bischop positive Absicht - negative Auswirkung

Unterschied zwischen einer positiven Absicht für sich selbst und für sein Gegenüber

An dieser Stelle wird näher auf die immer wieder auftauchende Frage eingegangen, was eine positive Absicht ist, und worin der Unterschied zwischen der eigenen und der für das Gegenüber liegt.

Im Beispiel 1 oben gibt es nur eine positive Absicht des Vordränglers. Er will schnell zum Termin. Er hat keine positive Absicht für den anderen Autofahrer.

Im Beispiel 2 oben gibt es zwei positive Absichten: Die Frau macht die Aussage, um ihrem Partner deutlich zu machen, wie sehr sie ihn liebt. Sie hat für sich die positive Absicht, dass die Liebe wächst und sie ein Paar bleiben. Gleichzeitig hat sie für ihren Partner die positive Absicht, dass er sich sicher fühlen soll und dass die Liebe wächst und sie ein Paar bleiben.

Weitere Informationen zum Kommunikationsmodell Bischop und der systemischen Mediation finden Sie in meinem Buch: „Systemische Mediation“, Verlag Ludwig, Kiel, 2016

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